Chronik der Glasmalerei Ernst Kraus in Weimar
Familienbetrieb seit 1903
1903 | Gründung der Glasmalerei Ernst Kraus in Weimar am 22. Januar | |
1903 - 1951 | Glasmalerei und Glasschleiferei & Belegerei (letzteres bis Anfang des 2. Weltkrieges) durch Ernst Kraus | |
1951 - 1985 | Friedrich Kraus, Inhaber der Glasmalerei, Kunstglasermeister | |
1985 - 2007 | Karl-Ernst Kraus, Inhaber der Glasmalerei, Glasermeister | |
seit Juli 2007 | Michael Kraus, Inhaber der Glasmalerei, Glasermeister |
1903 - 1951
Ernst Kraus gründete die Firma am 22.01.1903 in Weimar als Glasmalerei. Die Räumlichkeiten befanden sich damals in der Kuhlmannstraße und in der Karl-Liebknecht-Straße (damalige Bürgerschulstraße) hinter dem Bertuch-Haus auf dem heutigen Gelände des Congress Centrums Neue Weimarhalle.
Eine Glasschleiferei und eine Belegerei wurden bald angegliedert. In dieser Zeit waren ca. 40 Mitarbeiter beschäftigt. 1914 wurden wegen Ausbruchs des 1. Weltkrieges der Gründer Ernst Kraus sowie die meisten Mitarbeiter eingezogen. Das hinterließ viele Spuren. Räumlichkeiten mussten aufgegeben werden. Die Frau blieb mit der Firma und den 4 Kindern allein zurück.
Der Neuanfang nach Ende des 1. Weltkrieges am Rathenauplatz (Museumsplatz) erfolgte, später Hinter dem Bahnhof 4, wo die Glasmalerei bis heute ansässig ist. 1928 wurde das 25-jährige Geschäftsjubiläum gefeiert. Bis zur 30-jährigen Tätigkeit wurde bereits erreicht über die deutschen Grenzen hinaus zu arbeiten. Hierzu zählten z. B. Aufträge für Kufstein in Tirol, Sao Paulo, Brasilien und für Irland. Aber vor allem in der näheren Umgebung wurden Glasmalereien, Kunstverglasungen und Beleuchtungen angefertigt, wie sämtliche beleuchteten Straßenschilder, dreiteiliges Chorfenster der Evangelischen Kirche Barop i. W., Beleuchtungskörper der damaligen Weimarhalle, Thüringenhaus Berlin usw.
Durch die verschiedensten Aufträge wurde mit vielen Künstlern zusammengearbeitet, wie z.B. Johannes Itten, Paul Birr und Henry van de Velde.
Ernst Kraus konnte an der damaligen 3. Künstlerbund-Ausstellung teilnehmen und ausstellen. Mitaussteller aus Weimar waren Henry van de Velde, Harry Graf von Kessler, Theodor Hagen, Ludwig von Hoffmann, Hans Olde u.a.
Die Glasmalerei blieb in den Händen des Gründers Ernst Kraus bis zu seinem Tod 1951. Glasschleiferei und Belegerei wurden bereits zum 2. Weltkrieg geschlossen. In dieser Zeit musste die Firma abermals auf Minimalbetrieb umgestellt werden. Mitarbeiter, die eingezogen wurden, und Mangel an Materialien gestalteten den Betriebsablauf unter gegebenen politischen Bedingungen schwer.
Nach Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald wurde das Wohnhaus Hinter dem Bahnhof 4 von russischen Gefangenen besetzt. Die Familie zog in die Werkstatt. Durch diese Besetzung konnten keine Plünderungen stattfinden. Die in netter Erinnerung gebliebenen russischen Menschen schützten so die Familie, das Hab und Gut und die Werkstatt vor Diebstahl und Zerstörung.
Es kam die Zeit des Wiederaufbaus, denn es gab viele bauliche Schäden. Die Bombenangriffe auf den Bahnhof, die Dürrbacher Hütte und das Schlachthofviertel machten vor dem Grundstück nicht halt. Es gab neben dem Firmenbetrieb viele Kriegsschäden zu beseitigen. Mit emsigem Elan gelang es Ernst Kraus und Friedrich Kraus sowie der ganzen Familie die Firma wieder zu beleben.
Das Ausstellungsgebäude Hinter dem Bahnhof 4 konnte bis 1951 fertig erbaut und Ausstellungen besichtigt werden.
Ein großer Auftrag ging nach Villach in Österreich und weiterhin arbeitete die Firma vor allem im Umkreis Erfurt, Weimar, Ilmenau und Gotha, also in ganz Mitteldeutschland.
Es wurde mit vielen Künstlern zusammengearbeitet, wie Max Karl Beyer aus Erfurt, Prof. Heine aus Erfurt, Karl Völker aus Halle usw..
1951 - 1985
Kurz vor dem 50-jährigen Bestehen übernahm Kunstglasermeister Friedrich Kraus (dieses Berufsbild gibt es heute leider nicht mehr) die Firma.
Trotz seiner Körperbehinderung durch Kinderlähmung ließ sich Friedrich Kraus mit seiner Frau und den vier Kindern nicht entmutigen, die Glasmalerei mit viel Engagement zu führen. Das Angebot veränderte sich zeitgemäß. Zum Beispiel wurden in der damaligen Zeit viele Leuchtreklamen hergestellt. In der Zeit der Deutschen Demokratischen Republik wurde das Angebot der Firma ein drittes Mal zum Minimalangebot gedrückt. Mangelverwaltung gehörte zum Alltagsgeschäft. Im Firmenbetrieb waren Wartezeiten von sieben Jahren auf eine Bleiverglasung keine Seltenheit. Während dieser Zeit wurde alles dafür getan, die Glasmalerei aus dem Zwang einer PGH-Bildung herauszuhalten.
Friedrich Kraus arbeitete auch in dieser Zeit mit namenhaften Künstlern, wie Jutta Hellgrewe aus Leipzig, Kurt Hanf, Werner Wagner aus Weimar, Prof. Crodel aus München, Herrn Quaas, Familie Kant-Horn, Herrn Kriesinger, Herrn Koch, zusammen. Künstlerische Arbeiten wurden durch Werner Wagner, z. B. für die damalige Wismut AG, gestaltet.
Zum 75-jährigen Bestehen der Glasmalerei stand in der Zeitung "Thüringer Tageblatt" (28.01.1978): "..Es gibt wohl keine größere Stadt im mittleren Thüringen, in der man nicht die Kirchenfenster der Firma Kraus finden kann...."
Das 1000 Jahre alte Handwerk ist heute noch Handwerk und kommt ohne industrielle Fertigung aus. Die Glasmalerei ist nach der Legende eine Handwerkskunst des Mittelalters, bei der mit Komplementärfarben so gearbeitet wird, dass ein sehr helles kräftiges Licht in den Kirchenraum fällt.
1985 bis 2007
1985 übernahm Karl Ernst Kraus die Glasmalerei Ernst Kraus. Die Verhältnisse der DDR waren noch nicht vorbei. Viele Betriebe sind ein- oder in Volkseigene Betriebe (VEB) übergegangen. Jedoch aber die Frage des VEB stand nicht mehr.
Handwerkliche Begabung und körperliche Arbeit sind Voraussetzung für diese unsere Tätigkeit. Der Handwerksbetrieb galt als ein Betrieb zur Versorgung der Bevölkerung.
Dennoch hat der Inhaber Karl Ernst Kraus mit seiner Frau Bettina Kraus und seinen zwei Kindern (2003: Angelika Kraus - Bleiglaserin, Altenpflegerin und Michael Kraus - Glasermeister) diese magere Zeit gemeistert.
Es folgte die Vereinigung Deutschlands, die große Unsicherheit für Karl Ernst Kraus am Anfang, aber auch vielfältige Möglichkeiten eröffnete und eröffnet. Das Angebot der Glasmalerei Ernst Kraus konnte seitdem wieder erheblich erweitert und den heutigen Möglichkeiten angepasst werden.
In letzter Zeit wurde ein besonders interessanter Auftrag bearbeitet. Das Museum Fondazione, Antonio Mazzotta in Mailand ließ den verlorengegangenen "Turm des Feuers" von Johannes Itten für eine Bauhaus Ausstellung reproduzieren. Das Werk ist aus Anlass des Jahres der Europäischen Kulturhauptstadt 1999 bis heute im Bauhaus Museum Weimar zu bewundern.
Ein weiteres Duplikat wurde für die Nachkommen Johannes Itten in die Schweiz geliefert.
Hauptarbeitsfeld ist auch heute Mitteldeutschland/Deutschland. Seit 1990 hat die Glasmalerei den Schwerpunkt Restaurierung. Hier kann Karl Ernst Kraus auf sehr viele ausgeführte Objekte zurückschauen. Salvatorkirche in Gera, Thomaskirche in Erfurt, Katholische Kirche St. Gertrud in Dingelstedt, Eisenacher Hauptbahnhof und viele Jugendstilvillen (z.B. Villa Haar, Weimar).
Die Zusammenarbeit mit Künstlern steht auch aus heutiger Sicht mit an der ersten Stelle, so z. B. mit Herrn Lanzendorf, Werner Wagner, Ottmar Alt, Andreas Wolff, Evelyn Körber, Horst Peter Meyer, Dieter M. Weidenbach.
2007
Der heutige Firmeninhaber Michael Kraus erlernte den Beruf des Glasers im väterlichen Betrieb und absolvierte seine Meisterprüfung als Glasermeister an der Staatlichen Glasfachschule in Hadamar. Den Restaurierungsbereich führte er in souveräner Weise fort. Die Arbeiten der Firma Glasmalerei Kraus dehnten sich durch seine nahen Kontakte zu Architekten und Restauratoren deutschlandweit aus. Im Jahre 2013 stieg seine Ehefrau Mandy Kraus mit in die Firma ein. Da der Markt im Laufe der Zeit immer mehr in die Moderne geht, überlegten sie gemeinsam, wie sie den Nachfragen gerecht werden können. So wurde im Jahre 2014 die Firma Glasmalerei Kraus neben dem Restaurierungsbereich erweitert um einen eigenen Glasbau. Da die Herstellung aus komplett eigener Hand erfolgten sollte, wurden die Nebengelasse der Firma saniert und Platz geschaffen für einen eigenen Maschinenpark. Seitdem werden auch Küchenbauer, Einrichtungshäuser, Tischlereien, aber natürlich auch Privatpersonen im modernen Bereich bedient.